Ich hab noch einen zum Thema Inspirationen. Und zwar aus
dem ganz realen Leben. Aus meinem Privatleben.
Ich habe nämlich eins, auch wenn ich beruflich wie privat
immens viel Zeit vor dem Computer verbringe. Aber ich gehe auch da raus, wo die
bösen Bäume, Autos und Menschen sind und stelle mich Gefahren wie dem Wetter,
Rentnerinnen mit einem Geldbeutel voller Cents oder der Begegnung mit anderen
Menschen.
Tatsächlich tue ich Letzteres sogar gerne (und beim
zweiten habe ich auch des Öfteren schon mal die Nachkommastellen mit einem Euro
aus meiner Tasche beglichen). Ich stehe auf Menschen. Ich bin ein totales Gesellschaftstier
und komme gut in Gruppen zurecht (solange sie nicht virtuell sind) und ich
beobachte und interagiere unheimlich gerne.
Für meine Schreiberei ist das nur deswegen interessant,
weil ohne reale Bezüge irgendwie kein Charakter Profil hat. Deswegen und weil
das Leben manchmal Überraschungen bereit hält, die einfach zu geil sind, um sie
unreflektiert wieder zu vergessen.
Um zu verstehen, dass mir vielleicht einen Tick öfter
solche ungewöhnlichen Dinge passieren, als Karl Couchkartoffel, muss man
wissen, dass ich... eine gewisse Außenwirkung habe.
Ich will hier jetzt keine Lobeshymnen auf mich selbst
anstimmen. Nach objektiven Kriterien bin ich nicht sonderlich auffällig. Kein
Adonis und kein Quasimodo. Aber ich habe ein einnehmendes Wesen, wenn ich in
der Stimmung bin. Und man munkelt, mein Gesicht weist sympathische Züge auf.
Ansteckendes Lächeln, funkelnde Augen, die üblichen Verdächtigen, wenn Leute
sich in Beschreibungen besonders hervortun wollen, ohne eine Chance zu haben,
den Sixpack-Vergleich zu bestehen. Ich muss nicht weiter reden, oder...?
Jedenfalls ist es so, dass ich Gegenreaktionen erzeuge,
wenn ich gutgelaunt durch die Weltgeschichte hüpfe. Und damit meine ich keine
Tracht Prügel, sondern die etwas angenehmeren Dinge.
Jeder kennt das Phänomen, wie überraschend sich die
Atmosphäre ins Positive verändern kann, wenn man der griesgrämigen Kassiererin
bei Aldi einfach mal ein Lächeln schenkt. Bei mir ist es oftmals so, dass diese
Kassiererin mich dann beim nächsten Einkauf nach kurzem Nachdenken
wiedererkennt und mir zögerlich das Lächeln anbietet, dass sie für den ersten
Tag ihres Jahresurlaubs oder eine Bonuszahlung reserviert hat. Ganz vorsichtig
erst, aber wenn ich es erwidere erstrahlt es und plötzlich ist die
Lohnsklaven-Zippe eine fast schon hübsche Frau, der man ein Jahrzehnt der
Sklaverei nur noch vage ansieht.
Aber ich will nicht über Aldi-Kassiererinnen reden,
obwohl die ein lohnendes Thema sein können, denn wenn du dich mit ihnen
anfreundest, ist das Sortiment plötzlich nicht mehr auf den Laden beschränkt,
sondern schließt das Lager mit ein. Und sie sind ebenso einfach zu erobern, wie
Politessen...
Worum es mir geht ist lediglich, einen Bezugsrahmen zu
schaffen. Und ob man mir nun glauben will, oder nicht: Man nehme einfach mal
an, dass ich von einer theoretisch vorstellbaren Person rede.
Diese Person ist ein Denker, der alle möglichen
Informationen aus seiner Umgebung aufnimmt. Jemand, der auf Details achtet. Und
jemand, der selten genug die einzelnen 'Cliquen' seines Bekanntenkreises
aufsucht, um dort bekannt zu sein, aber nicht zum Inventar zu gehören.
Und das ist eine Fundgrube für Zufallsbegegnungen.
Wenn ich meine Stammkneipe - eine Mittelalter-Taverne, in
der auch normale Menschen willkommen sind - aufsuche, hab ich locker eine
50%-Chance auf so eine Begegnung, und damit auf eine Inspiration.
Und die besten sind die flüchtigen, weil sie Raum für
fantasievolle Ausschmückungen lassen.
Ein Beispiel?
Vor einigen Wochen kam ich mit meiner Partnerin zu einer
ungewöhnlich frühen Zeit dorthin - also vor Sonnenuntergang. Vor dem
Eingangsbereich stand der erwachsene Sohn der Betreiber und rauchte. Aber er
war nicht allein. Bei ihm stand eine Frau.
Allen weiblichen Buhrufen, die nun zu erwarten sind, zum
Trotz nahm ich sie sehr genau wahr und in Augenschein, denn das hatte sie sehr
wohl verdient. Sie war so hochgewachsen und schlank, dass ich normalerweise von
einer Bohnenstange sprechen würde. Aber das war sie eben genau nicht.
Ich mag kleine Frauen. das ist ödipal, aber jeder darf da
gerne mehr rein interpretieren. Und ich mag Frauen mit Substanz. Also wie die
Models dieser Dove-Kampagne, die leider schon wieder in der Versenkung
verschwunden ist. Normale Frauen halt.
Sie war mit ihren Schuhen fast so groß wie ich. Also
zwischen 185 und 190 Zentimeter Frau. Bei einem geschätzten Gewicht von 60
Kilo. Wirklich, wirklich dünn mit sehr schlanken Armen und Beinen, wenig
Oberweite und keinem Gramm Fett oder sichtbarer Muskelmasse irgendwo.
Nicht wirklich mein Typ, auch wenn ihre schwarzen Haare
und hellgrauen Augen schon genau in meine Range fallen und sie auch ein
wirklich hübsches Gesicht hatte.
Aber sie hatte etwas, dass hochgewachsene Frauen selten
haben: Eine aufrechte Haltung. Und sie hatte... Stil. In den Bewegungsmustern
und auch in der Ausstrahlung.
Kurz: Ich sah genauer hin.
Natürlich bemerkte sie das, zumal wir ihren
Gesprächspartner als alten Freund begrüßten und ich ihr in diesem Zusammenhang
zunickte. Und im Zuge dessen konnte ihr gar nicht entgehen, dass ich
'interessiert' war. Nicht einer Frau wie ihr, die sich ihrer Attraktivität
bewusst ist und gemessen an ihrem Stilgefühl nicht völlig verblödet sein
konnte.
Sie erwiderte meinen Blick mit leicht gesenkten Lidern.
Was man so 'katzenhaften' Blick nennt. Und ich gestattete mir einen weiteren
Blick auf ihre unglaublich langen Beine, die tatsächlich der absolute Hingucker
waren. Mit Proportionen zum Körper, die beinahe an Barbie herankamen.
Soweit diese Begegnung, die ich nur im Kopf behalten
hätte, weil ich dieses Bild mit den Beinen irgendwie faszinierend fand. Und es
auch schon hier und da in Geschichten verwendet habe, weil es das einfach wert
ist.
Aber die Geschichte über die Begegnung ist damit noch
nicht vorbei...
Ich sah sie in den folgenden Stunden einige Male und
dabei nahm ich mir sehr wohl die Zeit, sie zu betrachten. Ich bin so. Warum
auch nicht?
Ich starre nicht nur auf die sekundären
Geschlechtsmerkmale. Allein schon, weil ich Gesichter auch sexy finde. Aber ich
schaue durchaus alles an, was mich interessiert. Besonders, wenn es sozusagen
auf dem Silbertablett präsentiert wird. Und bei dieser Frau war ich mir sicher,
dass sie sich nicht damit aufhalten würde so zu tun, als wolle sie nicht
angesehen werden.
Sie bemerkte und erwiderte meine Blicke. Nicht so sehr
abschätzend, denn mein Gesamtpaket ist schnell ersichtlich und als solches
keine zweiten und dritten Blicke wert, wenn man nicht auf den robusten Typ
steht. Aber mein Gesicht... Naja... das hatten wir schon und sie
glaubte meinen Ausführungen offensichtlich, denn sie schien mein Gesicht
interessant genug zu finden, um wieder hinzusehen.
Wirklich interessant dabei war der Funke in ihren Augen.
Die Art Glitzern, die dir sagt: Ich bin interessiert. Und: Du hast Chancen.
Sichi. Oft erliegen Männer gewissen Illusionen, was die
Botschaften in den Blicken von Frauen angeht, aber ob ich mich geirrt habe (was
nicht der Fall ist) oder nicht (was dementsprechend der Fall ist) soll nicht
der Punkt sein.
Die Geschichte endete damit, dass sie nach allgemeiner
Verabschiedung zum Aufbruch gegenüber denen, die sie kannte, an meinem Tisch
vorbei ging und meinen Rücken passierte. Ich hatte es aus dem Augenwinkel
mitbekommen und bedauerte eigentlich nur, dass der inspirierende Anblick nun
verschwinden würde. Aber wie gesagt: Es war noch nicht vorbei.
Sie blieb stehen. Nicht kurzentschlossen, als sei ihr
noch etwas eingefallen. Sie blieb hinter mir stehen, weil sie genau das noch
vorhatte.
Ihre Finger berührten mich an der Schulter und ich drehte
mich der Aufforderung folgend um. Und sie blickte mir in die Augen, lächelte
und sagte: "Machs gut."
Diesen Augenblick zu beschreiben, den ich halb im
Automatikmodus mit "Du auch" beantwortete, würde Bände füllen. Und
genau darum geht es ja bei Inspirationen, nicht wahr?!
Man mag mir glauben. Oder eben auch nicht. Aber in einer
Geschichte, in der ich Glaubwürdigkeit und Eigenarten der Charaktere dem Leser
vorgebe, weil sie meiner Imagination und Erinnerung entspringen, würde man
nicht infrage stellen, was alles daraufhin passieren könnte. Zumal es ja 'nur
Phantasie' ist, gell?!
Wäre ich aufgestanden, hätte mich ihr zugewandt und sie
geküsst, hätte sie mitgespielt. Ich weiß das. Sie weiß das und der Rest spielt
keine Rolle.
Sie war sich der Anwesenheit meiner Partnerin bewusst.
Und es interessierte sie nicht. Was genau auf den Typ Frau hindeutet, der mich
reizt.
Und die Vielfältigkeit der Möglichkeiten, diese eine
Begegnung im Geiste zu zahlreichen Geschichten zu spinnen, ist das
faszinierende und tolle an den Inspirationen aus dem wahren Leben. In dieser
Hinsicht wäre es beinahe schade gewesen, auf ihre mehr als eindeutige Einladung
einzugehen, weil dann aus den tausend Möglichkeiten eine einzelne Erinnerung
geworden wäre. Sicherlich eine heiße, aber eben nur eine, die man abwandeln,
aber letztlich nicht verändern kann, weil sie geschehen ist.
Erinnerungen sind es, die das Erfahrungsgebäude speisen,
aus denen ich Glaubwürdigkeit zu schaffen versuche. Aber ungenutzte
Möglichkeiten sind der Treibstoff für Geschichten, denn sie sind allesamt
ungeschriebene Geschichten.
An dieser Stelle ein kleines PS von mir:
Ich bin - wie gesagt - neu beim Bloggen. Ich habe keine
Ahnung, ob diese Art von Sermon jemanden interessiert. Also lasst es mich bitte
wissen. Ich kann damit aufhören. Oder ich kann mehr davon schreiben.
Sagt mir, was ihr wollt... ;-D
Coyote
AntwortenLöschenDas genau ist ja das was bloggen so interessant macht. Du bist nicht auf "Geschichten" oder Genres begrenzt. Du bist Herr über Deine Themen.
Ich fand Deine Inspiration jedenfalls grade sehr inspirierend. Glücklicherweise bin ich auf Dich gestoßen worden :-), es macht viel Spaß bei Dir zu lesen.
Du schreibst sehr abwechslungsreich.
64er
Danke für den ersten Kommentar in einem Blog!
LöschenNa wenn es nicht nur mich, sondern auch noch dich inspiriert hat, ist es auf jeden Fall keine 'vergebene Liebesmüh' gewesen, es hier zu posten. ;-)
Und das du meinen Stil unterhaltsam findest, freut mich logischerweise sehr... ;-D
Hallo Coyote,Dein Schreibstil hebt sich doch sehr von einigen anderen ab; Qualität und Quantität verdienen Respekt. Ich wünsche, ich hätte die gleiche Energie wie Du sie hast. - Dazu kommt noch dieser Blog: Alle Achtung!
AntwortenLöschenLG PiaPan
Ich freue mich ehrlich gesagt gerade, dass du mir hier schreibst. So kann ich dich nämlich 'rüffeln', weil du dich nicht selbst so unter Druck setzen solltest. Weder was die Qualität, noch was die Quantität angeht.
LöschenIch freue mich über ein wenig Bewunderung, aber das hier ist kein Wettbewerb, wer das meiste oder tollste schreibt. Meinethalben dürfte es so viele tolle Autoren geben, wie möglich. Umso mehr für mich zu lesen.
Sicherlich träume ich davon, irgendwann mal Geld damit zu verdienen. Aber selbst das wäre dann aufgrund meines ganz individuellen Stils und da wäre Platz für viele, viele Kollegen neben mir.
Versteh das nicht falsch: Ich freue mich über dein lob sehr. Aber da ist auch dieser bittere Beigeschmack deiner Traurigkeit, die ich herauszulesen glaube. Und die macht mich auch unglücklich.
Die Energie kann ich dir nicht geben, aber vielleicht kann ich dir mit gezielterem Feedback helfen, wenn du magst. Oder irgendwie sonst. Weil ich nämlich sicher bin, dass jeder erzählenswerte Geschichten zu erzählen hat, die kein anderer erzählen kann. Auch DU!
;-)
Schick mir ruhig mal einfach bei sevac eine Nachricht über den Autorenkontakt, wenn du willst. Und sei es nur zum Quatschen und sich austauschen. ;-)
Du bist wirklich sehr besonders, danke für diesen Blog! Wie du inzwischen ja schon gemerkt haben wirst, habe ich schon erstaunlich viele Gemeinsamkeiten entdeckt, hier auch wieder, lächel
AntwortenLöschenAuch ich schenke gerne Kassiererinnen ein echtes Lächeln und es ging für diejenige ein wenig die Sonne auf, was ich dann als Gegengeschenk empfand. Niemals kommt nichts und wenn es nur ein klein wenig veränderter Blick ist. Im Grunde sind so beide bereichert worden, so einfach und so wunderschön ist das.
Auch ich kenne dieses Glitzern in den Augen von Männern, wenn es sozusagen zuvor beim Blickkontakt gefunkt hat und ich liebe es zu flirten, genieße es sehr, auch wenn mein Partner dabei ist.
Ich finde es toll, dass du diesen Blog geschrieben hast, es kann gerne mehr davon geben, falls dir danach ist.
Gruß Nachtwind