Junge Liebe
Kapitel 1
Eine Geschichte über die Jugend, die Liebe und erste Male
Eine Geschichte über die Jugend, die Liebe und erste Male
II.
Als
Peter sich langsam vorbeugte, um Nadia sachte auf den moosigen Boden zu betten,
fühlte sich für einen lang anhaltenden Moment nicht nur ihr Kopf an, als würde
er durch Wolken schweben. Dieser Kerl war einfach… anders.
Er
war stark. Zumindest diese eine Sache wusste er auch. Aber irgendwie schien er
wirklich keine Ahnung zu haben, wie sexy das war. Waschbrettbauch hin oder her.
Schon
am Tag ihrer Ankunft hatte Nadia Peter gesehen, wie er mit einer Sense Gras und
Brennnesseln auf dem hügeligen Gelände hinter dem großen Wohnhaus seiner
Großmutter mähte. Und sie würde dieses Bild so schnell nicht vergessen.
Mit
bloßem Oberkörper hatte er in geübten Bewegungen dieses lange Ding in seinen
Händen geschwungen, als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes getan. Und
dabei hatten sich sehr wohl Muskeln überall an seinem Körper bewegt.
Sehr
ansehnliche Muskeln.
Diesen
Unterschied kannte Nadia dank ihres Ex-Freundes. Der hatte nämlich das gehabt,
was Frau allgemein als Traumkörper bezeichnete. Aber eine Kiste Mineralwasser
in den zweiten Stock zu tragen, hatte ihn in Panik versetzte. Nicht nur wegen
der Anstrengung, sondern auch wegen der Gefahr für seine Fingernägel.
Peter
hingegen trug mit blutender Schulter eine Frau wer weiß wie weit und
entschuldigte sich hinterher dafür, sie mit seinem Schweiß in Berührung
gebracht zu haben.
Wer
auch immer die Regel aufgestellt hatte, dass die Rüstung des Traumprinzen nicht
ein oder zwei Dellen haben durfte, war einfach ein Vollidiot.
Als
sie in seine Augen blickte, waren die völlig auf sie konzentriert. Sie blickten
ruhig und verständig, aber gleichzeitig auch begeistert, wie die eines kleinen
Jungen am Weihnachtsabend, wenn er die Geschenkeberge sah.
Nadia
ermahnte sich sicherheitshalber noch einmal, ganz besonders gut auf diesen Kerl
aufzupassen. Wenn ihm jemals aufging, welche Wirkung er in Herz und Höschen
einer Frau allein mit einem Blick auslösen könnte, würde…
Ja…?
Was würde?
Dieser
Frage musste Nadia erst noch einmal nachgehen. Später. Für den Moment beschloss
sie, alle Frauen in seiner Nähe sicherheitshalber im Auge zu behalten.
„Woran
denkst du?“, fragte er leise und sanft.
Mittlerweile
ruhte ihr Rücken auf dem Boden. Aber anstatt sich auf sie zu legen, stützte er
noch immer einen Teil ihres Gewichts zusammen mit seinem eigenen. Und Anstalten
sich seiner Kleidung zu entledigen, machte er auch nicht. Eben wie ein…
Gentleman.
Zumindest
für Situationen wie diese würde sie mit ihm daran arbeiten müssen…
„Küss
mich“, forderte sie heiser.
Aber
Peter grinste erst einmal, obwohl er beinahe automatisch der Aufforderung
nachgekommen wäre.
„Einen
Kuss für deine Gedanken“, raunte er zur Antwort.
Es
war nicht so sehr die Originalität der Antwort, bei der ihr heiß und kalt
wurde. Es war sein Blick.
Er
wusste, dass sie über ihn nachgedacht hatte. Mit
diesen stahlblauen Augen konnte er gerade viel zu viel sehen. Das war gar nicht
gut…
„Ich
habe mir gerade überlegt, wie ich dich vor den gierigen Griffeln anderer Frauen
in Sicherheit bringen kann“, flüsterte Nadia ohne sich seinem Blick entziehen
zu können.
Nein…
Wieso denn die Wahrheit??
Verdammt!
„Ja
klar…“, murmelte er amüsiert, aber auch misstrauisch und ungläubig.
Woher
kamen nur diese Komplexe. Grund dazu hatte er doch wirklich nicht…
„Ja,
Peter. Wirklich“, erwiderte sie ein weiteres Mal schneller, als sie sich zur
Ordnung rufen konnte. „Du hast wohl echt keine Ahnung, an wie vielen
unterschiedlichen Stellen eines Frauenkörpers du ziemlich heftige Reaktionen
mit deinen Blicken hervorrufst, oder?“
„Rachen
und Magen für den Würgreiz?“
Schlagfertig
und treffsicher war er jedenfalls immer dann, wenn es gegen ihn selbst ging.
Soviel musste sie ihm zugestehen.
Anstatt
sofort zu antworten, hielt sie einfach nur den Blickkontakt und ließ ihn sowohl
den Tadel in ihren Augen sehen, wie auch die Antwort auf ihre eigene Frage.
„Entschuldige“,
murmelte er, ihrem Blick kurz ausweichend. „Ich… bin nicht gut in so was.“
Energisch
legte sie die Hände an seine Wangen, um ihm wieder in die Augen sehen zu
können. Sie wollte ihm zeigen, wie ernst es ihr war. Aber sie konnte sich auch
einfach an den Gefühlen nicht sattsehen, die sich darin spiegelten.
„Wenn
du wirklich wissen willst, wie die Reaktionen aussehen“, flüsterte sie und ein
lockender Tonfall schlich sich ebenso unwillkürlich ein, wie ein wenig Scham,
die ihr langsam die Wangen hinaufkroch, „dann solltest du dein…
Fieberthermometer auspacken und… messen.“
„Häh?“,
machte er erst verdutzt. Aber dann: „Uh… Oh! Du meinst…?“
Nun
war er auf der richtigen Spur. Endlich! Sie nickte.
Und
was dann passierte, würde sie so schnell nicht vergessen.
„Hey
Plauzenpeter!“, ertönte ein Ruf aus Richtung der Straße, wo sie den Wagen
zurückgelassen hatten. „Ist das deine Karre?“
Für
einen Sekundenbruchteil erstarrte Peter. Und dann konnte Nadia richtiggehend
dabei zusehen, wie zwei Schutzschilde vor seinen Blick in Position klappten und
die tiefe Emotionalität hinter sich verbargen, die sie eben noch dort gesehen
hatte.
Blitzschnell
löste er sich von ihr und sprang auf. Und schon im nächsten Augenblick streckte
er ihr die Hand entgegen, um ihr auf die Beine zu helfen.
Nadia
war allerdings zu verwirrt, um sofort zuzugreifen.
„Was
treibst du da, Plauze?“, rief die Stimme. „Falls du am Wichsen bist, packst du
ihn besser schnell ein.“
„Schnell!“,
zischte Peter ihr zu, statt dem Rufer zu antworten. „Du willst nicht, dass
der dich so sieht.“
Irritiert,
aber auch ein wenig wütend, ließ sie sich von ihm aufhelfen und wandte sich
ihrer Kleidung zu. So war das alles jedenfalls nicht geplant gewesen. Und wieso
verhielt er sich plötzlich wieder so… abweisend?
„Ich
fange sie ab“, verkündete er und wandte sich ab, als wolle er ihr nicht beim
Anziehen zusehen.
Was
war plötzlich los?
Sicherlich
war es eine etwas peinliche Situation. Und natürlich wollte Nadia nicht
unbedingt von Peters Freunden splitternackt vorgefunden werden.
Wobei…
freunde?
Was
für Freunde nannten ihre Kumpels ‚Plauze‘? Und dann noch in so abfälligem Ton?
Ein
Teil von ihr fühlte sich verunsichert, weil Peters Verhalten manchmal so
unverständlich schien. War er wirklich einfach unsicher? Oder spielte er mit
ihr und wusste genau, was er tat?
Ein
anderer Teil war sich der Antwort auf diese Frage sicher, aber auch wenn sie
schon einige Erfahrungen gesammelt hatte, war Nadia dennoch erst neunzehn Jahre
alt. Sie war einfach irritiert und gerade jetzt sehr verletzlich.
Als
Peter mit drei Jungs, die in ungefähr in seinem Alter sein mochten,
zurückkehrte, war sie angezogen. Außerdem hatte sie auch schon auf einem Stein
am Rand des Sees Platz genommen und sich eine von Peters Zigaretten angezündet,
die noch offen herumgelegen hatten.
Die
Neuankömmlinge stockten, als sie die junge Frau entdeckten. Und dann blickten
sie einander vielsagend an.
„Deine
Cousine?“, fragte derjenige, der auch zuvor schon gerufen hatte.
„Oder
eine neue Freundin?“, feixte ein anderer und eigentümlicherweise verspürte
Nadia dabei einen kleinen Stich der Eifersucht, der sie kurz ablenkte.
„Als
wenn so eine Granate sich mit ihm abgeben würde“, versetzte der Dritte lachend.
„Das
ist Nadia“, murmelte Peter irgendwie völlig unsicher und verlegen. „Nadia. Das
sind…“
Die
Wahrheit war, dass Nadia weder die Namen, noch die Details der seltsamen
Unterhaltung, die sich danach entwickelte, so richtig wahrnahm.
Eigentlich
tat sie für die ganze Zigarettenlänge nichts anderes, als Peter anzustarren,
der den Waldboden einer genauesten Inspektion unterzog und sich von allen am
Weitesten von ihr entfernt hinsetzte.
Ihr
war nicht ganz klar, was sie erwartet hatte, wenn sie zum ersten Mal auf
Freunde von ihm traf. Aber was gerade geschah, war nicht einmal auf der Liste
der unwahrscheinlichen Möglichkeiten gewesen: Er ignorierte sie so vollständig,
als wäre sie gar nicht da.
Und
aus irgendeinem Grund machte das Nadia fürchterlich wütend und ziemlich traurig
zugleich.
„Oder
nicht?“, fragte der Anführer der kleinen Gruppe Jungs sie gerade, als sie ihre
Aufmerksamkeit wieder der Allgemeinheit zuwandte.
Irgendwie
erinnerte er sie an eine etwas jüngere Version ihres ersten Freundes.
Selbstbewusst bis an die Grenze der Arroganz, ohne sich das wirklich leisten zu
können, und ein unangefochtener Meister darin, sich auf Kosten anderer gut
aussehen zu lassen.
„Hm?“,
fragte sie und schenkte ihm einen tiefen Blick mit mindestens zwei
Augenaufschlägen.
„Äh…
Ich meinte gerade, dass du doch bestimmt froh bist, dass wir hier sind“, meinte
er sofort eine Spur nervöser. „Weil… Wegen der Gesellschaft…“
„Oh,
du meinst, weil Peter nicht unbedingt der aufregendste Gesellschafter ist?“,
hakte sie leichthin nach. „Und weil er nicht weiß, wie er mit einer Frau
umzugehen hat? Willst du das sagen?“
Daraufhin
lachten die Drei gehässig und nickten enthusiastisch, während Peter sichtlich
getroffen noch ein wenig mehr zusammensackte. Beinahe tat er Nadia leid.
Aber
das hatte er sich schließlich auch ein wenig selbst eingebrockt.
„Also
bist du dir sicher, dass du eine Menge mehr mit einer Frau an einem Teich
anzufangen wüsstest, als er?“, fragte sie, sich leicht vorbeugend und legte
eine Hand sachte auf den Arm des Burschen. „So mitten im Hochsommer, nach einer
anstrengenden Kletterpartie, wenn ihr so richtig… heiß
ist?“
Der
Kerl antwortete nicht sofort. Wie seine beiden Kumpel hatte er für einen Moment
alle Hände voll damit zu tun, ihr so tief wie möglich in den Ausschnitt zu
starren.
Deswegen
bemerkte auch niemand, wie Nadia mit ein wenig verengten Augen prüfend zu Peter
hinüber starrte, dessen Blick noch immer auf den Boden gerichtet war. Seine
Kiefer waren angespannt und offenbar knirschte er frustriert mit den Zähnen.
Vielleicht fühlte er sich auch verraten. Aber auf jeden Fall war er wenigstens
ein wenig wütend.
Gut…!
Sachte
legte sie ihren Zeigefinger unter das Kinn ihres Gesprächspartners und brachte
ihn dazu, ihr wieder ins Gesicht zu sehen. Ihm dann einen wirklich
verheißungsvollen Blick zuzuwerfen, fiel ihr nicht so schwer, denn schließlich
war das mit der Hitze die reine Wahrheit gewesen.
„Du
wüsstest da bestimmt etwas, nicht wahr…?!“, säuselte sie. Dass er bei seinem
enthusiastischen Nicken nicht sabberte, war sicherlich eine beachtliche
Leistung. „Aber lass uns lieber von was anderem sprechen, bevor ich noch etwas
Unanständiges tue. Erst einmal…“
Sie
gab den Dreien kurz Zeit, sich gegenseitig erstaunt und voller Vorfreude
anzusehen.
„Erzählt
mir von Peter“, forderte sie lächelnd. „Von früher.“
Falls
die Jungs enttäuscht über den Themenwechsel waren, merkte man ihnen das
wirklich erstaunlich wenig an. Offenbar war neben einem Blick in einen tiefen
Ausschnitt das Lästern ihre absolute Lieblingstätigkeit.
Sie
versuchten sofort, einander mit peinlichen Geschichten über ihren vermeintlichen
Freund zu übertrumpfen und ihn nach allen Regeln der Kunst durch den Kakao zu
ziehen. Und einige der Geschichten kannte Nadia auch tatsächlich noch nicht von
Tanjas Erzählungen her.
„Also
habt ihr ihn tatsächlich aus der Flasche trinken lassen, in die vorher zwei
Leute gepinkelt hatten?“, hakte sie einmal ungläubig nach. Lachend nickten sie
alle zusammen, während Peter den Kopf immer weiter zwischen die Schultern zog
und langsam aber sicher vor sich hin kochte. „Das habt ihr sicherlich ziemlich
dumm von ihm gefunden, oder?“
„Unser
Dicker ist halt nicht der Hellste“, lautete die Antwort.
„Scheint
mir langsam auch so“, erwiderte Nadia daraufhin.
Und
da platzte Peter schließlich der Kragen.
„Was
soll das eigentlich?“, schnauzte er und starrte sie an.
Alle
Blicke wandten sich ihm zu.
„Alles
vorher nur Show, damit du mich jetzt hier so richtig vorführen kannst?“
Fasziniert
beobachtete Nadia die Mischung aus mühsam beherrschter Wut und den Kampf mit
Tränen der Enttäuschung in seinem Gesicht. Gar so weit hatte sie ihn eigentlich
nicht treiben wollen, aber viele Möglichkeiten hatte er ihr auch nicht
gelassen.
„Hey
Alter“, mischte sich der Wortführer der Anderen ein. „Krieg dich mal wieder…“
„Halt
einfach die Fresse, Kevin. Oder ich stopf sie dir.“
Peter
blickte den Angesprochenen nicht einmal an, als er das sagte. Und Nadia fühlte
einen Schauer ihr Rückgrat hinunterlaufen.
„Ich
wollte mir nur ein Bild machen“, erklärte sie betont kühl, auch wenn es ihr
immens schwerfiel, sich lässig zu geben.
„Von
allen Peinlichkeiten, die dir Tanja noch nicht erzählt hat, oder was?“
„Eher
von deinen Kumpels…“
„Was
haben meine Freunde damit zu tun?“
„Deine
Freunde?“, fragte sie erbost. Hörte er denn gar nicht
zu? „Keine Ahnung. Die habe ich noch nicht kennengelernt. Bis jetzt kenne ich
nur diese drei Arschlöcher, die sich stundenlang das Maul über dich zerreißen.“
Die
schockierten Blicke der anderen Anwesenden waren ihr vollkommen gleichgültig,
als ihre Aufmerksamkeit sich völlig auf Peter fixierte, der sie halb erstaunt, aber
noch immer auch wütend anstarrte.
„Warum…?“,
wollte er wissen.
„Warum?“,
keuchte sie. „Warum?“
Das
schlug ja wohl dem Fass den Boden aus.
„Ja
warum eigentlich? Warum zeigst du mir die kalte Schulter, sobald jemand
dazukommt? Warum behandelst du mich wie Luft?“
Ohne
es zu wollen, kam Nadia jetzt wirklich in Fahrt. Eigentlich hatte sie ganz
andere Ziele gehabt, aber irgendwie brachte Peter alles in Unordnung. Und er
verunsicherte sie, bis sie schließlich doch nicht mehr so genau wusste, woran
sie eigentlich war.
„Warum
sitzt du da hinten? Und warum tust du rein gar nichts,
wenn ich irgendeinem Penner schöne Augen mache? Oder ihn in meinen Ausschnitt
glotzen lasse?“
Sie
verstummte, starrte ihn aber herausfordernd an.
„Ich
dachte …“
„Ich
dachte, ich hätte jetzt wieder einen… Freund.“
Aus
ihrem selbstsicheren, aggressiven Tonfall wurde bei diesen Worten plötzlich
etwas anderes.
Eigentlich
hatte all das nur eine Vorführung werden sollen. Aber irgendwie war es zu einem
Streit geworden, der sie ziemlich auf die Palme gebracht hatte. Und nun wurde
es plötzlich ein Drama, als ohne jede Vorwarnung Tränen anfingen, über ihren
Wangen zu laufen.
„Peter…“
Im Gegensatz zu vorher klang es in ihren Ohren entsetzlich weinerlich. Aber
dennoch sprudelte es einfach so heraus, als sie sah, wie seine Augen sich ihr
wieder öffneten. „Das vorhin war so viel schöner als alles, was ich mir für
mein… erstes Mal vorgestellt hatte.“
Das
überraschte Japsen im Hintergrund machte ihr bewusst, dass noch andere anwesend
waren. Und diese Erkenntnis ließ Nadia die Schamesröte ins Gesicht steigen. Sie
diskutierte gerade nicht nur sehr private Dinge vor einem Publikum aus unreifen
Blödmännern, sondern zu allem Überfluss auch noch die Frage ihrer
Jungfräulichkeit.
Verlegen
blickte sie zu Boden. In diesem Moment jemandem in die Augen zu sehen, wäre
unerträglich peinlich gewesen.
Dass
Peter plötzlich vor ihr stand, war daher eine kleine Überraschung. Aber keine
besonders Unerfreuliche. Sachte legte er den Finger unter ihr Kinn und überwand
ihren halbherzigen Widerstand, bis sie ihn wieder ansehen musste.
„Wie
wäre es, wenn wir uns einen anderen Ort suchen, um… weiterzumachen?“
Knappe
zehn Minuten später saßen sie beide in seinem Auto und waren auf dem Weg
irgendwohin. Das Ziel war für den Moment weniger wichtig, als nur schnell von
dem See, den drei Arschlöchern und der fürchterlichen Peinlichkeit
fortzukommen.
Doch
trotz der Umstände grinsten sie beide.
„Das
werden die wahrscheinlich ihr Leben lang nicht vergessen“, brach es schließlich
aus Nadia hervor.
„Ich
auch nicht…“
„Oh
du bist süß…“ Sie boxte ihm spielerisch gegen den Arm. „Manchmal. Wenn du nicht
gerade deine Freundin irgendwelchen Arschlöchern zum Fraß vorwirfst.“
„Für
eine ganze Weile fühlte eher ich mich wie das Futter“, gab er etwas ernster
zurück.
„Tut
mir leid. Ehrlich!“ Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und drückte ihn etwas.
„Ich wollte nur… Ich wollte dir zeigen, was für Blödmänner sie sind. Und ich
wollte…“
„Mich
wütend machen?“, schlug er vor.
„Nein…“
Sie zögerte. „Ja… Ich glaube schon…“
„Na
das hat geklappt. Entschuldige…“
„Wag
es niemals wieder dich dafür zu entschuldigen, wenn du so ein Arschloch in die
Ecke stellst“, ermahnte sie ihn energisch. „Aber warte damit, bis ich sitze…“
„Hm?“
„Gott…
Ich glaube es nicht, dass ich dir sowas überhaupt verrate…“, stöhnte sie und
spürte wieder einmal, wie ihre Ohren warm wurden. „Aber als du diesen Blödmann
abgekanzelt hast, war das… anbetungswürdig.“
„Es
war…“ Als er stockte, sah sie ihn von der Seite her an. Er schwankte zwischen
einem Stirnrunzeln und einem Lächeln, entschied sich aber dann für Letzteres.
„Es hat sich gut angefühlt.“
„Oh
ja!“, bestätigte sie enthusiastisch. „Sehr männlich.“
Sein
Blick war misstrauisch, als er zu ihr hinüber zuckte. Aber Nadia bemerkte es
nur aus dem Augenwinkel, denn sie hatte bei ihren Worten fast ein wenig
verträumt in die Ferne gestarrt.
Als
sie seine Augen spürte, wie sie ihre rechte Hand fixierten, wurde aus der Wärme
ihrer Ohren ein Brennen, das sich schnell auf die Wangen ausbreitete. Unbewusst
hatte sie ihre Handkante kraftvoll dort gegen die knappen Shorts gepresst, wo
das Kribbeln darunter am stärksten war.
„Du
veräppelst mich…?“, forschte er vorsichtig nach.
Nadia
seufzte. Mit diesem Mann waren die Dinge nicht einfach. Aber gleichzeitig war
seine gelegentliche Unbeholfenheit auch total niedlich.
Ihr
letzter Ex war von einer ganz anderen Sorte gewesen. Und ein ganz klein wenig
von dessen Bereitschaft, beim ersten Anzeichen von Geilheit zuzupacken, hätte
Peter sehr gut gestanden. Aber wenn er dafür etwas mehr als seine eigene
Befriedigung - und nur die allein - im Sinn hatte, war es ein mehr als fairer
Tausch.
Da
kam ihr eine Idee…
Schnell
schlüpfte sie aus ihren Schuhen und stellte ihre Füße auf die Ablage über dem
Handschuhfach.
Seine
überraschten Blicke von der Seite her sehr bewusst wahrnehmend, öffnete sie die
Knöpfe ihrer Hose, hob ihren Hintern ein klein wenig an und streifte den
Jeansstoff hinab. Dann musste sie nur noch kurz die Füße wieder auf den Boden
setzen, um das Kleidungsstück loszuwerden. Und von einem kleinen Teufel
geritten, platzierte sie ihre Zehenspitzen danach wieder oben auf dem
Armaturenbrett.
Peter
starrte mit Augen so groß wie Unterteller zu ihr hinüber, was der Schamesröte
in ihrem Gesicht ebenso Nahrung gab, wie ein paar anderen Gefühlen.
„Straße…“,
wisperte sie heiser.
Er
zuckte zusammen, blickte nach vorne und korrigierte den Kurs des Wagens, der
langsam aber sicher zur Gegenfahrbahn abgedriftet war. Dann sah er wieder zu
ihr.
„Ich
hatte keine Zeit, auch das Höschen wieder anzuziehen“, erklärte sie halb
entschuldigend und halb neckend. „Und außerdem würde das sowieso nicht helfen…“
Offensichtlich
nicht in der Lage eine Frage zu artikulieren, grunzte er nur.
Zur
Antwort senkte sie ihre Hand wieder zwischen ihre Schenkel und strich mit einem
Finger über die fröhlich sprudelnde Quelle in ihrer Körpermitte. Ihre eigene
Verwegenheit und der Umstand, dass sie gerade neben ihm in seinem Auto bei
helllichtem Tag untenherum völlig im Freien stand, hatten die Produktion erneut
ordentlich angekurbelt. Dementsprechend glänzend war der Finger, den sie forsch
in die Höhe streckte.
Peter
schluckte sehr deutlich und fuhr dann abrupt rechts ran. Gepresst stöhnend ließ
er seine vor Konzentration gefurchte Stirn gegen die Hände auf dem Lenkrad
sinken.
Da
dies nicht ganz die Reaktion war, die Nadia erwartet - und… nun… erhofft -
hatte, blickte sie ein wenig weniger selbstbewusst zu ihm hinüber und fragte
mit einer gehörigen Portion echter Scham in der Stimme:
„Hältst
du mich für eine… Schlampe?“
„Was?“,
schnappte er. „Nein! Quatsch.“ Er seufzte angestrengt. „Ich weiß nur nicht, wie
ich mich verhalten soll.“
„Sei
einfach… du selbst.“ Sie versuchte alle Spuren von Enttäuschung aus ihrer
Stimme zu verbannen, dass ihr Spiel ihm offenbar nicht zusagte. Es gab
Wichtigeres als solche Dinge.
„Ich
selbst…?“ Er schnaubte. „Dann würde ich mich jetzt auf dich werfen und an der
Frage verzweifeln, ob ich lieber deinen Mund, deinen Finger oder… etwas anderes
küssen will.“
„Dann
tu’s“, rutschte es ihr überaus enthusiastisch heraus und ihr Herzschlag
beschleunigte sich um ein paar Takte.
„Das
ist so… primitiv“, widersprach er. „So… Neandertaler.“
„Ohh
ja…“, seufzt sie bekräftigend. Ohne ihr bewusstes Zutun hatten ihre Finger
ihren Weg wieder dorthin gefunden, wo das Kribbeln immer stärker wurde.
„Aber…
Das tut man nicht.“
„Sagt
wer?“, keuchte sie ein wenig angestrengt, als sie versuchte, sich mehr auf das
Gespräch zu konzentrieren, als auf ein immer mächtiger werdendes Bedürfnis.
„Na…
Alle…“, versuchte er zu erklären. „Männer sollten sich nicht wie… Primaten
verhalten. Nicht wie Machoarschlöcher.“
„Hat
dir das deine letzte Freundin gesagt?“ Ein gewisser Unterton der Frustration
mischte sich in ihren Tonfall, ohne dass sie etwas dagegen hätte unternehmen
können.
„Das
ist nicht fair…“
Mit
aller verbliebenen Willenskraft rief Nadia sich zur Ordnung und setzte sich ein
wenig auf. Sie musste mehrmals tief durchatmen und sich sehr konzentrieren, bis
das Kribbeln und die Nässe zwischen ihren Beinen und an ihrer Hand nicht mehr
die einzige und alleinige Hauptrolle in ihrem Kopf spielten.
„Peter…“,
setzte sie an und platzte dann heraus: „Hör auf zu glauben, was andere dir über
dich erzählt haben. Oder darüber wie die Welt funktioniert. Die haben alle
Blödsinn erzählt.
Wenn
da eine Stimme in dir ist, die dir sagt, dass du sofort über mich… herfallen
sollst, dann darfst du von jetzt an nur noch auf diese Stimme hören. Alle
anderen haben Redeverbot.
Sonst
muss ich dich nämlich wegen seelischer Grausaaah… Mmmh…“
Er
tat es schon wieder. Mitten in einer Erklärung fiel endlich der Groschen. Und
dann verwandelte er sich plötzlich in den Hulk oder etwas in der Art.
Anders
konnte sich Nadia die plötzlichen Umschwünge nicht erklären. Aber wie beim
letzten Mal gab es eigentlich auch nichts daran zu beanstanden, außer dass es
so lange gedauert hatte.
Mitten
in ihren Vortrag hinein fuhr er zu ihr herum, beugte sich rüber und nahm sie
halb in den Arm. Und er war sehr energisch dabei.
Ohne
ein buchstäblich stundenlanges Vorspiel wäre es vielleicht ein wenig zu viel
gewesen, aber so war sein beherzter Griff zwischen ihre Schenkel genau das, was
ihr gleichzeitig den Atem raubte und die Lunte für ein Feuerwerk in ihrem Kopf
zündete.
Ohne
die sonst so prägnante Unsicherheit orientierte er sich offenbar problemlos in
Bereichen, in denen er sich nicht wirklich auskannte. Oder angeblich
nicht auskannte?
Zwei
Finger seiner Hand fanden den Zugang zu ihrem Innersten ohne irgendwelche
Probleme. Und sein Handballen entdeckte direkt darüber noch etwas anderes,
besonders Atemberaubendes. Fast gleichzeitig fand sein Mund ihren Hals und
saugte sich daran fest.
Laut
hörte Nadia das Blut in ihren Ohren rauschen, als diese anziehende Wildheit
Besitz von ihm ergriff, die gut versteckt unter seiner sanften Schale
schlummerte. Sie konnte nur unkontrolliert wimmern, als sich die Intensität
seines Angriffes immer weiter steigerte.
Kurze
Gedankenfetzen zuckten durch ihr Bewusstsein.
‚Er
wird mir einen Knutschfleck machen…!‘
‚Was
tut er da mit seinen Fingern in mir?‘
‚Gott…!
Einen Knutschfleck?!‘
‚Himmel!
Was tut er mit… seinen Fingern?!‘
Irgendwie
schien Peter immer wieder die beiden Finger in ihrem Inneren zu krümmen und
dabei streifte er jedes Mal einen besonders empfindlichen Punkt.
Die
Berührungen dieser Stelle selbst waren beinahe mehr, als sie ertragen konnte.
Es versetzte ihren gesamten Unterleib in Vibration. Unmittelbar, wenn der Reiz
zu stark wurde, war er auch schon wieder vorüber. Und sofort sehnte sie mit
jeder Faser die nächste Berührung herbei.
Es
war beinahe, als würde er ihren Körper auch ohne ihr Einverständnis irgendwohin
führen. Und langsam aber sicher wollte sie unbedingt dorthin.
Etwas
in ihrem Inneren schwoll an und bereitete sich auf eine Art explosiven Ausbruch
vor. Es war ganz anders als sonst. Anders als bei der Selbstbefriedigung, bei
der sie sich höchstens nebenbei etwas einführte. Und auch anders als die
Berührungen ihrer bisherigen Freunde - selbst der Erfahreneren. Es war sogar
anders, als die bisher besten Erlebnisse in dieser Richtung, mit einer anderen
Frau.
Eigentlich
hatte sie keine Probleme damit, durch Hände und Finger zu einem Höhepunkt zu
kommen, wenn ihr Gegenüber sich nicht völlig dämlich anstellte. Aber dieses Mal
war es einfach völlig… anders.
Es
fühlte sich an, als ob sie gleich zur Toilette müsste. Und als würde sich ihr
gesamter Unterleib verkrampfen. Und… Ohh so geil!
Faszination
und Beunruhigung wurden immer größer. Sie wollte ihn am liebsten anflehen,
aufzuhören. Und weiterzumachen. Aber wenn er weitermachte, würde sie die
Kontrolle über ihre Blase verlieren. Das spürte sie in aller Deutlichkeit.
„Peter…!“,
wimmerte sie und bemerkte erst jetzt, dass sie keuchend nach Atem rang. Ihr
Herz raste, als renne sie um ihr Leben. „Nicht! Ich…“
Als
er aufhörte, an ihrem Hals zu saugen, war sie sich todsicher, dass er dort
eindeutige Spuren zurückgelassen hatte. Er hatte sie gezeichnet. Nein…
markiert! Wie man etwas markierte, das man besaß.
Ohgottja…
Halb
wünschte sie sich, er würde damit an anderer Stelle weitermachen. Aber wie alle
zusammenhängenden Gedanken, wurde auch dieser einfach aus ihr heraus gespült.
Was
auch eine treffende Beschreibung dessen war, was in ihrem Unterleib geschah.
Ganz plötzlich konnte sie das unglaubliche obszöne Geräusch wahrnehmen, dass
seine Hand verursachte.
Sie
war nicht mehr feucht. Sie war klatschnass!
„Peter…!“,
jammerte sie und wusste selbst nicht, ob es voller Scham oder voller Gier war.
Beides beherrschte ihre wenigen verbliebenen Gedanken. „Nicht!“
Aber
was? Nicht aufhören? Ohh bitte nicht aufhören…!
Aber
auch bitte nicht weitermachen…
„Ich…
muss…!“
Und
das durfte nicht passieren. Was sollte er denken? Das war abartig!
„Komm!“,
forderte er. Nicht eine Sekunde hatte er seine Bemühungen ruhen lassen. „Für
mich…“
Ohh
Gott!
Das
konnte er nicht ernst meinen!
Aber
das war eigentlich egal. Seine Worte waren ausschlaggebend. Nadia hatte gar
keine andere Wahl.
Ihre
Hände klammerten sich an seine Oberarme, aber sie konnten sich nur festhalten.
Weder Abwehr, noch Unterstützung leisten. Schon allein, weil sich ihr Verstand
nicht entscheiden konnte, was davon er eigentlich wollte.
Ob
sie es zulassen wollte…
Eigentlich
wollte sie nichts mehr, als es zuzulassen.
„Lass
los“, raunte er in ihr Ohr und übertönte dabei doch kaum das Rauschen ihres
Blutes und ihre verzweifelten Atemzüge. „Gib es mir!“
Der
Schrei, der daraufhin ertönte, war schrill und raubte ihr so sehr den Atem,
dass sie beinahe das Bewusstsein verlor. Denn er kam aus ihrer Kehle.
Etwas
in ihrem Inneren brach. Oder explodierte. Oder…
Lichtpunkte
tanzten vor ihren weit aufgerissenen Augen. Und wie losgelöst fühlte sie ihren
Unterleib wild und unkontrolliert zucken, während sich Massen von Flüssigkeit
ihren Weg hinaus bahnten.
Das
Gefühl der Erlösung war sensationell. Und überwältigend. Wie ein brechender
Damm. Aber mit Unmengen an Sprengstoff zum Einsturz gebracht. Und dem
Hauptbeben folgten unzählige, kleinere.
Nicht
einmal für sich selbst hatte Nadia Worte, um zu beschreiben, wie es sich angefühlt
hatte.
Völlig
zufrieden, glücklich und gelöst ließen sie die Erschütterungen schließlich
zurück. Beinahe sofort dämmerte sie in eine Art Halbschlaf hinüber, als die
Erschöpfung als letzte, große Welle über ihr zusammenschlug.
Nur
zwei Gedanken schafften es noch, sich an der Oberfläche zu halten:
Das
war nicht ihre Blase gewesen und dafür würde er sowas
von büßen…!
*****
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