kinda… sorta…
(oder: Huh? Wtf?!)
Heute ist ein interessanter Tag, denn er fing an mit
einem zufällig laufenden Fernseher, in dem wiederum zufällig eine Reportage
über Michael Jackson lief.
Und da ich schon im Halbschlaf ein wahnsinnig kritischer
Mensch bin, hat mich die völlig einseitige Darstellung dieser Ikone mächtig
genervt. Aber sie hat mich auch zum Nachdenken gebracht.
Und dann bekomme ich heute eine E-Mail, die in gewisser
Hinsicht in genau dieses Horn stößt. Wenn auch auf eine völlig andere Weise und
in einem völlig anderen Bereich.
Ich bin nicht mal sicher, ob außer mir noch jemand diesen
thematischen Bogenschlag hinbekommt… Mal sehen.
Ich bekomme also eine Mail zu meiner Geschichte ‚Junge Liebe
Teil 08‘.
Und es ist eine Fanmail… Ahem… kinda…
Darin steht auszugsweise und nun von mir in meinen Worten
wiedergegeben, wie toll meine Geschichte doch sei. Vor allem Nadia (die
Protagonistin) wäre eine tolle Frau. Der Tram jedes Mannes.
Bis hierhin alles paletti. Ich habe also einen Charakter kreiert,
der auf jemanden ansprechend wirkt. Kewl!
Aber was nun gar nicht ginge, wäre der Anfang des neuesten
Teils. Die Sache auf der Toilette.
(Für Leute, die meine Geschichte nicht kennen: Das junge
Paar befindet sich zum ersten Mal gemeinsam im Bad und sie benutzt ganz
ungeniert die Toilette. Dann kommt es zu ganz zaghaften Berührungen mit
gewissen Flüssigkeiten und mehr ist eigentlich nicht. Mir ging es in der Szene
zum einen um Intimität und zu anderen um die alte Frage: Klobesuch zusammen vor
Zeugen oder nur hinter geschlossener Tür.)
Zu diesem Teil der Aussage denke ich mir: Nuja… Gefällt
halt nicht jedem. Anyway…
Was dann kommt, befand sich wirklich nicht auf meinem Radarschirm.
Es macht mich sprachlos:
Nadia würde so etwas nicht tun!
…
Whutt?!
Wie jetzt?
Es ist mir ja nicht neu, dass manche Protagonisten ein
Eigenleben entwickeln. Und insbesondere Nadia, das kleine Biest, ist da ganz
vorne mit dabei.
Aber das die sich neuerdings bei Facebook anmelden, sich
Freunde suchen und sich bei denen auskotzen oder sich heimlich aus der Datei
schleichen und irgendwo eine Kneipe aufsuchen, um sich auszuheulen, das ist mir
neu.
Diese Bitch! Die leg ich übers Knie. Aber sowas von…!
Ne..
Mal ernsthaft, Leudde…
Ich verstehe, dass gewisse Figuren durch die Art, wie sie
dargestellt werden, einen bestimmten Eindruck erwecken. Und dass man mit der
Zeit das Gefühl entwickeln kann, man würde die ‚Person‘ kennen.
Egal ob sie nun ein ‚realer‘ Star oder ein Charakter in
einer Geschichte ist.
(Na? Na? Bogenschlag zu Jacko erkannt?? ;-D )
Aber… Leuteee… Args…
Echt jetzt…
Nein.
Lest es von meinen Lippen ab: N-e-i-n
Eh-eh *kopfschüttel*
Eine Figur, die euch präsentiert wird, ist ein
zweidimensionales Bild. Ihr erfüllt es mit Leben und der Erschaffer gibt euch
mehr oder weniger Eckpunkte dafür an die Hand. Es passiert aber nur in eurem
Kopf.
Jacko war nicht perfekt. Charakter X aus GZSZ ist keine
persönliche Freundin von euch. Und Nadia aus meiner Geschichte handelt, wie ich
es ihr vorgebe.
Ob und inwiefern sie am Ende - also nachdem die ganze Geschichte
erzählt wurde - oder auch an einem beliebigen Punkt mittendrin als glaubwürdige
Person erscheint, ist eine der essentiellen Fragen jedes Autors an seine Leser.
Aber was für eine Person es ist, wird
von diesem Autor festgelegt und von den Lesern interpretiert. Es wird nicht
durch das Feedback bestimmt. Jedenfalls nicht bei mir.
Und Drohungen werden mich nicht dazu bewegen,
irgendwelche Verhaltensmuster umzustellen oder gar etwas zurückzunehmen.
Hier noch einmal. Lest es von meinen Lippen ab: N-e-i-n
Wenn sich ein Charakter in eine Richtung entwickelt, die
irgendwem missfällt, dann ist das bedauerlich und möglicherweise auch ein Grund,
die Geschichte beiseitezulegen.
Aber bitte, Leute…
Löst euch von der Vorstellung, ihr würdet ein
Bestimmungsrecht über die Verhaltensweisen eurer Idole haben.
Niemand sollte das haben. Das ist Sklaverei. Und nur weil
sich die Imageberater mancher Stars darum bemühen, es einer Zielgruppe
besonders recht zu machen, ist das noch lange nicht die Wahrheit. Oder auch nur
gesund.
Es macht im Gegenteil die betreffenden Personen, die
diese Idole verkörpern müssen, kaputt.
Sie dürfen nicht mehr sie selbst sein. Sie müssen
dauerhaft eine Maske tragen, um den Erwartungen gerecht zu werden. Und daran
zerbrechen nicht gerade wenige.
Einem fiktiven Charakter wie Nadia tut es nicht weh, aber
das Muster ist das Gleiche wie bei einem Jacko oder einem beliebigen anderen
Idol. Und es ist letztlich weder für den Fan noch für den Star von Nutzen.
Lasst euch drauf ein, wie die Menschen wirklich sind, und
öffnet eure Augen dafür. Erwartet nicht, sondern beobachtet und lernt damit
umzugehen.
Auch und insbesondere mit dem, was euch nicht passt.
Andernfalls werdet ihr beispielsweise nie eine glückliche
Beziehung führen, weil ihr immer Ansprüche an euren Partner stellen werdet, die
dieser gar nicht erfüllen kann.
Und noch eines:
Hört auf, diese Dinge so ernst zu nehmen!
Ein Charakter in einer Geschichte als Grund für eine
Prügelei…?
C’mon…
Seriously…?
You aren’t fucking kidding me?
Denkt vielleicht mal drüber nach, liebe Mitleser.
Und an meinen Mailschreiber: Mehr Antworten auf deine
Mail habe ich eigentlich nicht. Aber einen Tipp noch: Wenn sich in einer Mail mehr
Ausrufezeichen als Buchstaben befinden, hast du entweder bei dem einen
übertrieben oder bei dem anderen untertrieben.
Ich schwör!!!! !! !!!
Damit musst du Leben Mike ;)
AntwortenLöschenViele liebgewonnene Charakte entwickeln bei den Lesern einfach ein Eigeneleben. Wer will kann ja eine Fanfiktion zu deiner Geschichte schreiben. Hatte ich auch schon mal. Nur dass die dann wohl ganz anders ablief als ich es mir nur im Entferntesten vorgestellt hatte.
Klar muss ich damit leben. Ist auch meistens in Ordnung. Nur ab und zu muss man mal murren. Und wo sonst, wenn nicht im eigenen Blog...? ;-)
LöschenDenk dran: Das Recht eines jeden Soldaten ist das Mittel der Beschwerde. ;-D
Achje....
AntwortenLöschenIch muss dir schon recht geben werter Kojote und wohl auch dem Krystan.
Ich selber schreibe keine Geschichten in dieser Form, erlebe das aber auch sehr oft in Rollenspielen wenn die Leute sich dann hinstellen und ebenso der Meinung sind, das würde ein nicht von ihnen gespielter Charakter tun.
Ich finde das immer grenzwertig - letztendlich entscheide nun mal ich als Erfider dieser Figur, was sie tut und was nicht. Und wenn man gut ist, weiß man auch für sich, warum der Charakter es tut.
So und viel mehr kann ich dazu wohl nicht beitragen ;)
Dein Vergleich mit Rollenspielern passt perfekt, liebe Lascida. Daher kenne ich das Phänomen auch. Nur hat man da die Leute meistens vor sich und kann dem dann ggf. schnell einen Riegel vorschieben.
LöschenAber ich will mich auch nicht in die Sache reinsteigern. Eigentlich wollte ich nur ein klein wenig Dampf ablassen. ;-D
Meine erste Reaktion auf " Nadja würde sowas nicht tun " war sowas wie gröööhl pruuust vor Lachen, aber nur sehr kurz, denn dann nahmen die Fassungslosigkeit und die Tragweite dieses Themas überhand.
AntwortenLöschenDein Beispiel mit Michael Jackson ist perfekt, er tat mir nur noch leid. So ein Genie, sooo viel Erfolg und Geld, aber für mich ein meistens unglücklicher Mensch mit einem Scheiß Privatleben, richtig tragisch... er ist regelrecht innerlich zerbrochen, man konnte es sehen in den letzten Jahren, fand ich sehr traurig...
Viele Menschen brauchen Idole - Vorbilder, aber dass die Entwicklung in Richtung Popstars oder Fußballer usw. irgendwann anfing zu gehen, war einfach nur daneben. Keine Ahnung, wann und wieso das mal begonnen hat so zu entgleisen.
Früher waren es Kriegshelden und Könige - auch nicht grade prickelnd, grins, aber es waren auch Jesus, Mohamed, Ghandi, Martin Luther King usw...
Wenn eine Geschichte gut geschrieben ist, dann tauche ich quasi ein in sie, auch in die Charaktere. Es ist manchmal schwieriger hier, wenn zwischen den Kapiteln Pausen sind, denn in der Zwischenzeit geht einem einiges durch den Kopf, man hat die Zeit weiter zu spinnen, gelesenes setzt sich fest. Das kann eher dazu führen, dass man überrascht oder verwundert ist, wenn nach einiger Zeit in einer Fortsetzung die Personen sich dann anders verhalten, man ist dann wohl nicht mehr so flexibel oder so offen, als wenn man alle Kapitel bis zum Ende auf einmal lesen könnte, vermute ich.
Für mich ist es völlig neu gewesen, dass ich mich regelrecht süchtig nach Fortsetzungen gefühlt habe, als ich angefangen habe deine Geschichten zu lesen. Ich weiß wie sich generell Süchte anfühlen können, es ist nichts, was man haben möchte, man leidet. Dass ich es mal beim Lesen fühlen können würde, hätte ich nie gedacht und ich fand es total unangemessen. Natürlich ist es ein Kompliment für dich, lächel, aber es war eindeutig zu viel anfangs, deine Art zu Schreiben hat mich einfach überrollt, ich kannte sowas nicht, hätte nie gedacht, dass es das gibt - wieder ne Menge dazu gelernt, oh ja!
Auch der Vergleich mit dem Rollenspiel passt sehr gut. Eine Möglichkeit flexibeler zu werden ist das Improvisationstheater, habe ich früher immer mal wieder in Wochenendseminaren gemacht. Dort kann man u. a. hervorragend lernen, dass jede Figur jederzeit völlig anders sein und handeln kann, war für mich eine echte Bereicherung fürs Leben, lächel
Ich schweife ständig ab merke ich, komme von einem Thema zum anderen, irgendwie scheint aber alles zusammen zu hängen, für mich zumindest.
Was du über den Zusammenhang mit einer glücklichen Beziehung geschrieben hast, finde ich sehr wichtig und richtig, genauso sehe ich das auch.
Bin unzufrieden mit meinem Kommentar, wollte ihn schon löschen, aber nun lasse ich ihn einfach stehen, hoffe, dass er jemandem was bringt...
Gruß Nachtwind
Ich bin froh, dass du es nicht gelöscht hast. Ich finde es gut, immer wieder über solche Dinge nachzudenken. Sich bewusst mit den Themen auseinanderzusetzen. Daher: Danke dir vielmals!
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